Seine Geheimplätze verrät er natürlich nicht, doch die zarten Blätter, die Alois Röbl dort findet, gehen pflückfrisch in die Honeder Naturbackstube — für die Dinkelseelen mit Bärlauch.

Tief im Wald gluckert ein Bach, die Vögel zwitschern, der Morgentau glänzt: Wenn Alois Röbl von seinen Einsätzen zwischen Februar und April erzählt, kommt er geradezu ins Schwärmen. „Ich liebe das Bärlauch-Schneiden. Das ist unheimlich beruhigend, da komme ich total runter.“ Nach ein oder zwei Stunden ist es allerdings vorbei mit der Waldwellness: „Dann spielt das Kreuz nimmer mit“, sagt Röbl mit einem Grinser. Normalerweise steht der 52-jährige Mühlviertler nicht zwischen stillen Bäumen, sondern mitten am Linzer Südbahnhofmarkt. Dort bietet er an seinem Marktstandl „Röbl Früchte“ ein Vollsortiment an heimischem und exotischem Obst und Gemüse an.

Doch in der Bärlauchsaison geht der gelernte Einzelhandelskaufmann, der schon in Lehrlingsjahren seine Leidenschaft für Obst entdeckte, die grünen Blätter selbst schneiden. Meist hilft ihm sein Sohn dabei. Auch, um die Honeder Naturbackstube zu beliefern: Denn wenn es wieder Zeit ist für die g’schmackigen Dinkel Bärlauch Seelen, wie diese Weckerl bei Honeder heißen – dann braucht es in der Backstube in Engerwitzdorf jede Menge Bärlauch von bester Qualität. „Über die neun Wochen dauernde Bärlauchsaison hinweg liefere ich an Honeder über den Daumen gepeilt rund 250 Kilo.“

„Ich liebe das Bärlauch-Schneiden. Das ist unheimlich beruhigend, da komme ich total runter.“

Über den Marktverein kamen er und Reinhard Honeder erst ins Plaudern, dann ins Geschäft, heuer ist man im vierten Jahr der Zusammenarbeit. Ingesamt pflücken die Röbls pro Saison rund eine Tonne Bärlauch. Am Anfang, wenn es Mitte Februar an Stellen in Niederösterreich beginnt, spazieren sie noch von Pflänzchen zu Pflänzchen, später geht es über Krems bis zur satten Traun-Au und an die letzten Plätze im Mühlviertel: Um das schönste Grün zu erwischen, fahren Vater und Sohn im Umkreis von 30 Kilometern an ihre Geheimplätze. Von bester Qualität muss der Bärlauch sein, seine Blätter nicht zu groß, denn bei denen nimmt der Geschmack ab. „Deshalb muss ich beim Schneiden auch wandern, bis ich die geeigneten Plätze
finde.“ Das ist gar nicht so einfach. Es sollten keine Buschwindröschen, Maiglöckchen oder Schneeglöckchen dort wachsen, Efeu auch nicht – zu groß die Gefahr, dass sonst beim Schneiden etwas Unerwünschtes dazukommt. „Ich schneide nur dort, wo Bärlauch alleine wächst.“

Und natürlich sind Hunde und Schnecken tabu, die für Verunreinigungen sorgen könnten. „Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl für gute Plätze. Gern gehe ich dorthin, wo ein kleiner Bach fließt, denn der macht den Bärlauch saftiger.“ Trägt Röbl die Steigen voll grüner Blätter in den PKW, wandert auch der intensive
Knoblauchgeruch mit nach Hause oder auf den Markt. „Dass der Geruch so lang haften bleibt, an den Schuhsohlen genauso wie im Auto, das mag ich am Bärlauch nicht“, gibt Röbl zu. Doch lässt er sich ihn daheim gern zu frühen Kartoffeln schmecken oder zu Nudeln als Pesto. Der Südbahnhofmarkt, schwärmt Alois Röbl noch, bevor er sich verabschiedet, um zu seinem Standl zu fahren, ist etwas ganz Besonderes: „Nur verkauft er sich leider ein bisserl unter Wert. Dabei ist dieser Wochenmarkt jetzt im Frühling, wenn die ganzen Selbstvermarkter dazukommen, einer der tollsten Märkte in ganz Österreich!“

„Gern gehe ich dorthin, wo ein kleiner Bach fließt, denn der macht den Bärlauch saftiger.“


Text: Mareike Steger / Fotografie: Robert Maybach